Früher, als alle steuerlich relevanten Daten auf Papier ins Unternehmen kamen und das Unternehmen verließen, ließen sich die Verfahren der Buchführung und der Aufbewahrung von Belegen mit wenigen Worten beschreiben. Rechnungen kamen per Briefpost, bekamen einen Eingangsstempel, wurden überprüft und zur Zahlung freigegeben, ein Überweisungsträger wurde ausgefüllt, die Rechnungen wurden in einem Ordner abgeheftet. Ein Betriebsprüfer konnte davon ausgehen, dass In allen Unternehmen so verfahren wird. Nachdem ihm alle Ordner mit Belegen und die Buchführungskonten vorgelegt wurden, konnte er seine Prüfung durchführen. Eine Dokumentation der Verfahren war nicht nötig.
Heute, wo steuerlich relevante Daten immer häufiger elektronisch in das Unternehmen kommen, dort entstehen und das Unternehmen verlassen, können sich die Verfahren von Unternehmen zu Unternehmen gravierend unterscheiden. Und mit wenigen Worten lassen sich IT-gestützte Buchführungs- und Aufbewahrungsverfahren auch nicht mehr beschreiben. Praktisch alle Unternehmen, auch die ganz kleinen, setzen mehrere IT-Systeme ein, in denen steuerlich relevante Daten vorkommen: Fakturierprogramm, Buchführung, E-Mail, Reisekosten, Fahrtenbuch, Kassenbuch etc. Die Digitalisierung ist nicht nur hier sehr dynamisch.
Da Betriebsprüfungen für zurückliegende Geschäftsjahre stattfinden, ist es kaum möglich, sich präzise fünf oder mehr Jahre zurückzuerinnern: Hatten wir damals schon das neue Fakturierprogramm oder noch das alte? Haben wir damals die Belege mit dem Steuerberater noch per Pendelordner ausgetauscht oder schon elektronisch? Haben wir damals schon ersetzend gescannt? Ohne zeitnahe Dokumentation können diese Fragen nicht beantwortet werden.
Die zunehmende Komplexität und Dynamik digitaler Geschäftsprozesse ist der Grund für die Finanzverwaltung, von den Unternehmen eine Verfahrensdokumentation zu fordern.
Die Forderung ist nicht neu, sie wird seit 1995 explizit erhoben. Erstmals in den GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme), 2001 erneuert in den GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) und zuletzt 2014 abermals betont in den GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).